Die DB ist Vorreiter beim autonomen Fahren

Artikel: Die DB ist Vorreiter beim autonomen Fahren

Erste autonome Buslinie Deutschlands, Platooning-Tests erfolgreich abgeschlossen und hochautomatisierter S-Bahn-Betrieb

In Bad Birnbach betreibt die DB die erste autonome Buslinie Deutschlands. Parallel werden in verschiedenen Bundesländern On-Demand-Konzepte getestet – für einen öffentlichen Verkehr ohne feste Fahrzeiten. Beides in Kombination eröffnet neue Möglichkeiten für ein flexibles, klimaschonendes, öffentliches Mobilitätsangebot in der Stadt und auf dem Land. Die Technologieförderung beim autonomen Fahren setzt sich in der Logistik fort: Als weltweit erster Logistikanbieter testete DB Schenker gemeinsam mit MAN und der Hochschule Fresenius den Praxiseinsatz vernetzter LKW, die im Windschatten und somit effizienter und spritsparender fahren. 2018 fanden Platooning-Probefahrten auf der 145 Kilometer langen Strecke zwischen München und Nürnberg statt.

Im schwedischen Jönköping starteten DB Schenker und das Startup Einride im Mai 2019 den ersten kommerziellen Einsatz eines Einride Pods – eines voll elektrischen, autonomen LKW. Dieses Fahrzeug befährt die Strecke zwischen zwei DB Schenker-Standorten in Jönköping, teilweise auch auf einer öffentlichen Straße. Der Einride Pod ist ein selbstfahrendes Elektrofahrzeug ohne Fahrerstand, das bei Bedarf auch ferngesteuert werden kann.  

T-Pod

Auch auf der Schiene gibt es erste Projekte. Für die S-Bahn Hamburg arbeitet die DB gemeinsam mit Siemens an einem digitalisierten Betrieb. Die „Digitale S-Bahn Hamburg“ ist das erste Projekt, das bei der Deutschen Bahn im Rahmen des Konzernprogramms „Digitale Schiene Deutschland“ umgesetzt wird.

Autonome Kleinbusse im ÖPNV

Lautlos gleitet der Kleinbus durch die Straßen des niederbayerischen Kurorts Bad Birnbach. Autofahrern und Fußgängern begegnet ein Elektrobus, der nicht nur leise und umweltfreundlich ist, er hat auch keinen Fahrer und weder Lenkrad noch Gaspedal. Nur ein Fahrtbegleiter, der bei Bedarf eingreifen kann, ist an Bord, wenn das Fahrzeug auf der Strecke vom Ortszentrum zur Therme und seit Oktober 2019 bis zum Bahnhof über öffentliche Straßen rollt. In Bad Birnbach betreibt die DB die erste autonome Buslinie Deutschlands. Das Projekt läuft unter der Federführung von ioki, dem neuen DB-Geschäftsfeld für autonomes Fahren auf der Straße und On-Demand-Mobilität. 

Die DB ist bereits heute Vorreiter beim Betrieb autonomer Elektrobusse und kann auf die Erfahrungen aus mehreren Tests zurückblicken. Neben dem Pilotprojekt in Bad Birnbach soll auch Hamburg ein Testfeld für autonomes Fahren bekommen. Den Rahmen dafür bildet die Smart City-Partnerschaft zwischen der DB und der Freien und Hansestadt Hamburg. Innerhalb eines Pilotprojekts in Kooperation mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) verkehrte bis Ende 2018 auf dem EUREF-Campus in Berlin-Schöneberg ein selbstfahrender Kleinbus, erstmals auch per App individuell bestellbar und somit unabhängig von Fahrplänen.

Platooning bei DB Schenker

Unter Platooning versteht man ein Fahrzeug-System für den Straßenverkehr, bei dem mindestens zwei LKW auf der Autobahn mit Hilfe von technischen Fahrassistenz- und Steuersystemen in geringem Abstand hintereinander fahren können. Alle im Platoon fahrenden Fahrzeuge sind durch eine sogenannte elektronische Deichsel mittels einer Car-to-Car-Kommunikation miteinander verbunden. Das führende Fahrzeug gibt die Geschwindigkeit und die Richtung vor. Dabei gewährleistet die elektronische Kopplung der Fahrzeuge im Platoon die Verkehrssicherheit. Ein wesentliches Ziel von Platooning ist es, durch Windschattenfahren eine Kraftstoff-Einsparung für den gesamten Platoon zu erreichen.
 

Platooning-Test 2018 auf der A 9

Im Rahmen der im Mai 2017 vereinbarten Kooperation wurden LKW-Kolonnen 2018 im Regelbetrieb von DB Schenker über mehrere Monate im realen Straßenverkehr auf der A9 zwischen München und Nürnberg getestet. Zum ersten Mal saßen dabei keine Testfahrer, sondern Berufskraftfahrer von DB Schenker am Steuer. Deren Erfahrungen, Einschätzungen und Bewertungen von Platooning stehen im Fokus der Arbeit der Hochschule Fresenius, die als dritter Kooperationspartner die wissenschaftliche Begleitung der Testfahrten übernahm. Das Szenario bietet die Möglichkeit eines grundsätzlichen Erkenntnisgewinns bezüglich der Digitalisierung von Arbeitsbedingungen und könnte so Vorreiter für andere Projekte sein.

Im Juni 2018 begannen die regelmäßigen Testfahrten der vernetzten LKW auf der 145 Kilometer langen Strecke zwischen München und Nürnberg. Bis Anfang August wurde noch ohne Ladung geprobt. Ab September 2018 waren die Platoons täglich mit bis zu drei Fahrten im Logistik-Alltag unterwegs, beladen mit Stückgut wie Maschinenteilen, Getränken oder Papier. Dabei wurden die Fahrer von den Spezialisten von MAN ProfiDrive intensiv theoretisch und praktisch angeleitet.

Abschluss des Projekts: Forscher sehen großes Potenzial

Nach der siebenmonatigen Testphase, in der rund 35.000 Testkilometer mit den vernetzten Fahrzeugen zurückgelegt wurden, kamen die Forscher zu erfreulichen Ergebnissen: Platooning-Fahrten sind sicher, funktionieren technisch zuverlässig und lassen sich zudem gut im Alltag eines Logistik-Unternehmens einsetzen. Auch die LKW-Fahrer ziehen ein positives Fazit: Sie loben vor allem den Fahrkomfort und das allgemeine Sicherheitsempfinden. Zusätzlich konnten im Praxistest Einsparungen beim Treibstoffverbrauch nachgewiesen werden.

Die Projektpartner sehen im Platooning großes Potenzial: Der Einsatz von LKW-Platoons könne zukünftig für eine effizientere Nutzung des Platzes auf Autobahnen, weniger Staus und eine höhere Verkehrssicherheit sorgen. Durch Weiterentwicklungen könne sich das Potenzial des Platoonings zusätzlich erhöhen – denkbar sind beispielsweise neue digitale Geschäftsmodelle in der Logistik. Ebenso könne das Berufsbild des LKW-Fahrers verändert und auf lange Sicht aufgewertet werden – der Fahrer wird zum „Platooning-Pilot“, seine Tätigkeit verlagert sich vom Fahren hin zum Überwachen. 

Rund 2 Millionen Euro Förderung für Entwicklung vernetzter Lkw-Kolonnen

DB Schenker, MAN und die Hochschule Fresenius erhielten für ihre gemeinsame Entwicklung vernetzter LKW-Kolonnen eine Förderung des Bundes. Das wissenschaftlich begleitete Platooning-Projekt wurde für 20 Monate von Juni 2017 bis Januar 2019 gefördert.

DB Schenker Einride Pod in Jönköping

Der autonom fahrende Elektro-LKW Einride Pod verkehrt seit Mai 2019 im schwedischen Jönköping zwischen zwei DB Schenker-Standorten. Der Einride Pod von DB Schenker ist weltweit der erste fahrerlose und autonom gesteuerte Lkw, der eine Straßenzulassung besitzt. 

Die schwedischen Behörden genehmigten die Testläufe des autonom fahrenden LKWs auf öffentlichen Straßen bis Ende 2020. Von der kurzen Strecke von 300 m in einem Industriegebiet führen 100 m über öffentliche Straßen. Bedingung für die Zulassung war die Beschränkung auf Schrittgeschwindigkeit von 5 km/h.

Der Einride Pod hat kein Fahrerhaus. Sechs Kameras, vier Radarsysteme und ebenso viele Infrarot-Detektoren liefern eine Fülle von Informationen, um den autonom fahrenden LKW sicher durch den Verkehr zu steuern. Durch zwei zusätzliche Antennen lässt sich der Standort des Fahrzeugs mit einer Genauigkeit von 20 Millimetern bestimmen.

Die fehlende Fahrerkabine ermöglichte ein kleineres Fahrzeug mit höherer Ladekapazität zu konstruieren. Das sieben Meter lange und beladen 20 Tonnen schwere Fahrzeug zeichnet sich durch Flexibilität, niedrige Produktionskosten und geringe Betriebsausgaben bei einem optimalen Energieverbrauch aus. Das ermöglicht, das der LKW ausschließlich mit Batterien betrieben werden kann.

Der weiße Dreiachser wird ständig überwacht und kann, sollte es notwendig sein, aus der Entfernung bis zu mehreren hundert Kilometern ferngesteuert werden. Ein Operator kann bis zu zehn Fahrzeuge gleichzeitig beaufsichtigen.

Geplant ist in einem nächsten Schritt der Einsatz auf längeren Strecken zwischen den Schenker-Terminals in Jönköping und Borås – eine Entfernung von mehr als 80 km. Mit einer Reichweite von 200 km ist die Strecke leicht bewältigbar. 

DB Schenker und das Startup Einride haben ihre Partnerschaft im April 2018 gestartet. Die Vereinbarung umfasst den Pilotbetrieb in Jönköping und eine Option für weitere Tests außerhalb Schwedens.


Digitale S-Bahn Hamburg

In Hamburg wird 2021 erstmals in Deutschland ein hochautomatisierter S-Bahn-Betrieb aufgenommen. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung zur „Digitalen S-Bahn Hamburg“ wurde im Juli 2018 durch den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher, Siemensvorstand Dr. Roland Busch und DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla unterzeichnet. Hamburg ist damit Vorreiter für den digitalisierten Betrieb in einem deutschen Bahnnetz. 

Die Vereinbarung sieht vor, den 23 Kilometer langen Streckenabschnitt auf der S-Bahn-Linie 21 zwischen den Stationen Berliner Tor und Bergedorf/Aumühle für das hochautomatisierte Fahren einzurichten und parallel dazu vier Fahrzeuge mit der erforderlichen Technik auszurüsten. Die drei Partner haben vereinbart, sich die rund 60 Millionen Euro Kosten zu teilen. Im Oktober 2021, wenn Hamburg den Weltkongress für Intelligente Transportsysteme (ITS) ausrichtet, werden diese Fahrzeuge digital gesteuert verkehren.

Mit den von der Stadt Hamburg Anfang 2020 bereitgestetellten weiteren 1,5 Millionen Euro werden die Planungen und Entwicklungen für den digitalen Bahnbetrieb im S-Bahn-Netz vorangetrieben. Ziel ist es, Fahrplankonzepte zu erstellen und neue Stellwerks- sowie Signaltechnik zu planen. Gleichzeitig beginnt die Auswertung erster Ergebnisse aus dem Pilotprojekt, um verschiedene Varianten der Flottenausrüstung zu untersuchen.