Artikel: Das große Klappern
Die DB erneuert die Oberleitungen zwischen Tutzing und Kochel: 600 neue Masten werden gesetzt – nur zwei alte Masten bleiben stehen, denn darauf befinden sich Storchennester. Wie die DB sich um die Sicherheit der Vögel kümmert und Lebensraum für weitere Tierarten schafft.
Wer im idyllischen Voralpenland mit der Kochelseebahn durch das Loisachtal fährt und in Bichl aussteigt, hört es zuweilen klappern. Unweit des Bahnhofs herrscht auf zwei Oberleitungsmasten reges Treiben: Kaum ist ein Weißstorch gelandet, verlässt ein anderer eines der beiden Nester.
Die wichtigste Nachricht für die Störche hat Michael Kunze: „Die Masten mit den Nestern bleiben selbstverständlich stehen. Wir bauen in sicherem Abstand neue Masten“, sagt der Projektleiter von DB Netz. Der Hintergrund: Die DB erneuert zwischen Tutzing und Kochel die Oberleitungen. Dafür werden 600 neue Masten entlang der 35 Kilometer langen Strecke gesetzt.
Seit 2020 kontrolliert der Landesbund für Vogel- und Naturschutz regelmäßig die Storchennester: Sechs Jungvögel sind seither aufgezogen worden. Damit der Nachwuchs auch in Zukunft nicht ausbleibt, lässt die DB den Störchen nicht nur ihre Masten, sondern nimmt auch sonst Rücksicht auf die Tiere. So beginnen die Arbeiten in Bichl erst Ende August, wenn die Störche gebrütet, ihre Jungen großgezogen und diese die Nester verlassen haben. Außerdem richtet sich die DB nach neuen Vogelschutz-Standards: Längere Isolatoren an Auslegern und Schaltern sollen verhindern, dass Vögel durch einen elektrischen Schlag zu Schaden kommen. Die zusätzliche freihängende Umgehungsleitung (oberhalb der Oberleitung), die bis nach Kochel verlängert wird, erhält Vogelmarker, damit Vögel nicht mit der Leitung kollidieren.
Eine Kulturlandschaft schützen
Weißstörche zählen in Deutschland zu den streng geschützten Arten, so ist es im Bundesnaturschutzgesetz, in der Bundesartenschutzverordnung und in der Vogelschutzrichtlinie verankert. Aber nicht nur deshalb kümmert sich die DB um die Tiere: „Die Störche stehen stellvertretend für viele Arten, ja für eine ganze Kulturlandschaft, die wir schützen müssen“, sagt DB-Umweltingenieurin Eva Lutz. Auf der Suche nach Beute schreitet der Storch durch Wiesen und Sumpfland, wo auch viele andere seltene Tier- und Pflanzenarten leben – seien es Orchideen, Libellen, Schmetterlinge oder Gelbbauchunken.
Eidechsen und Schlingnattern
An der Kochelseebahn selbst kümmert sich die DB um etliche weitere Tierarten. „Wir haben 20 Überwinterungshabitate für Zauneidechsen und Schlingnattern errichtet. Das sind 15 bis 20 Quadratmeter große Anhäufungen aus Steinen, Totholz, Kies oder Sand“, berichtet Lutz. Anstelle von 35 alten Masten wird ebenfalls Totholz aufgeschichtet, damit sich Reptilien verstecken können. Auch auf den Biber, der nördlich von Kochel lebt, nimmt die DB Rücksicht: Die Masten werden extra weit weg von seiner Burg gesetzt. Und weil die DB mit dem Bau der neuen Oberleitung Flächen versiegelt, kümmert sie sich als Ausgleich um eine Streuobstwiese, Gehölzpflanzungen sowie um zwei extensiv bewirtschaftete und damit artenreiche Wiesen. Projektleiter Kunze ergänzt: „Auch unsere Logistikflächen schirmen wir mit Reptilienschutzzäunen ab, damit die Tiere nicht unter die Räder kommen.“