Artikel: Stefanie Giesinger
DB MOBIL trifft die Influencerin am Hauptbahnhof Köln und spricht mit ihr über Feminismus, Jogginglook im Alltag und über eine gemütliche Höhle im Zug.
Von: Katja Heer
Datum: 26.01.2024
Frau Giesinger, wohin geht die Reise?
Von Köln zurück in meine Heimat Berlin.
Werden Sie häufig erkannt, wenn Sie unterwegs sind?
Ja. Aber vor allem, wenn ich für einen Job gestylt bin. Beruflich werde ich stark geschminkt und habe überwiegend unbequeme Kleidung an, deshalb steht für mich privat Bequemlichkeit an erster Stelle. Ich laufe eher wie ein kleiner Schlumpf herum, im Jogginglook und ungeschminkt.
Und wenn Sie trotzdem jemand erkennt und nach einem Selfie fragt?
Dann komme ich dem Wunsch nach und nehme in Kauf, dass ich auf dem Foto nicht toll aussehe. Meistens habe ich darauf ein knallrotes Gesicht, bin ein bisschen verschwitzt, und die Haare sind strubbelig. Ich guck mich dann immer auf diesen Selfies an und denke, oh Gott, und das zeigt die Person ihren Freund:innen und die sagen dann, okayyyy, das ist Stefanie Giesinger … (lacht).
Wo sitzen Sie im Zug am liebsten?
Im Abteil. Es hat etwas Geschütztes, fühlt sich an wie eine kleine, schöne Höhle. Ich kann dort in Ruhe arbeiten, entweder klappe ich den Laptop auf oder ich lese ein Buch zur Vorbereitung auf meinen Podcast „G Spot“.
Unterhalten Sie sich auch mal mit anderen Reisenden?
Es kommt immer auf meine Verfassung an. Meistens versinke ich in meiner eigenen Welt und arbeite. Aber wenn ich das Bedürfnis habe, mich zu unterhalten, signalisiere ich das auch – zum Beispiel indem ich die Kopfhörer abnehme.
Können Sie sich an Ihr letztes längeres Gespräch erinnern?
Das war vor Kurzem, mit einer Uni-Dozentin. Ich war gerade dabei, das Buch „The Body Keeps the Score“ zu lesen, in dem es vor allem um Traumata geht und wie diese im Körper gespeichert werden. Und die Dozentin hat das gesehen und mich darauf angesprochen, und daraufhin haben wir zwei Stunden über mentale Gesundheit gequatscht. Ich liebe es, mit Frauen zu reden, die schon länger auf der Welt sind als ich.
Was macht solche Gespräche so spannend für Sie?
Ich habe das Bedürfnis, diesen Frauen tiefgründige Fragen zu stellen, weil sie mir voraus sind. Ich kann viel von ihnen lernen. Wir Frauen haben alle eine ähnliche Lebensrealität, wir werden in unserer Gesellschaft oft immer noch an den Rand gedrückt. Deshalb sollten wir definitiv zusammenhalten.
Am 17. Januar ist Ihr Podcast „G Spot“ gestartet. Laden Sie vor allem Frauen als Gesprächspartner:innen ein?
Das ist nicht festgelegt, aber in den ersten acht Folgen spreche ich mit einem Mann, einer non-binären Person und ansonsten nur mit Frauen. Zum Beispiel in den ersten beiden Folgen mit der Sexualtherapeutin Gianna Bacio und der Autorin Phenix.
Ist es für eine prominente Person heute fast zwingend, einen eigenen Podcast zu haben?
Natürlich nicht. Jedoch war und ist es mir wichtig, als Frau mit all den Fragen, die ich zu unterschiedlichsten Themen habe, Raum einzunehmen in unserer Gesellschaft. Aber es fühlt sich für mich wie einer der mutigsten Schritte in meiner Karriere an.
Warum denn das?
Ich mach mich total angreifbar mit all den Themen, die ich mit meinen Gäst:innen bespreche: Feminismus, Sexismus, Beziehungen, Freund:innenschaften, Schönheitseingriffe. Ich bin dadurch wirklich ein offenes Buch.
Würden Sie sich als gute Zuhörerin bezeichnen?
Ich denke schon. Ich mag es, immer neugierig zu bleiben und dazuzulernen und keine zementierte Meinung zu haben. Vielleicht würden mich einige deshalb als ein Fähnchen im Wind beschreiben, aber ich sehe das eher als eine große Gabe. Ich liebe es, mich mit Menschen auszutauschen, die anderer Meinung sind als ich. Im Übrigen würden alle davon profitieren, wenn wir uns gegenseitig mehr zuhören würden.