Echt oder nicht echt, das ist hier die Frage

Artikel: Echt oder nicht echt, das ist hier die Frage

Der Papst in einer Luxus-Daunenjacke, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verkündet die Schließung aller Freibäder, Tom Cruise erzählt auf skurrile Weise aus seinem Leben – immer wieder tauchen im Internet Bilder und Videos auf, die Situationen zeigen, die so nie passiert sind. Auf den ersten Blick sieht das alles ziemlich echt aus. Ist es aber nicht. Die Inhalte wurden mit Hilfe künstlicher Intelligenz erstellt und sind sogenannte „Deepfakes“. Wenn sie sich schnell verbreiten, haben sie das Potenzial, die öffentliche Debatte zu beeinflussen und so die öffentliche Meinung zu manipulieren. Hanna Röhling und Philipp Perez von vsion.ai (DB Systel) haben wir gefragt, was es mit diesen „Deepfakes“ konkret auf sich hat und wie man sie erkennen kann.

Die wichtigste Frage zuerst: Was genau sind „Deepfakes“ eigentlich?

Hanna Röhling

Hanna Röhling: Unter dem Begriff „Deepfakes“ versteht man echt wirkende Bild-, Video- oder Tonaufnahmen, die jedoch mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) erschaffen oder verändert wurden. Diese Veränderungen sind mittlerweile so geschickt, dass man den Aufnahmen kaum anmerkt, dass es sich tatsächlich um Fälschungen handelt. Der Name leitet sich von „deep neural networks“ (Englisch für tiefe neuronale Netze), die hinter der KI stehen, und dem Begriff „fake“ (Englisch für Fälschung) ab.

Habt ihr dazu mal ein Beispiel?

Philipp Perez: Das Austauschen von Gesichtern (Face Swap) oder das Imitieren von Stimmen sind klassische Beispiele. In der Filmbranche wird das gern eingesetzt, um Schauspieler:innen zu verjüngen oder verstorbene Künstler:innen wieder auftreten zu lassen. In der Medizin oder im Bildungsbereich gibt es ebenfalls vielfältige Anwendungsfelder. Die Technologie kann jedoch auch missbraucht werden - beispielsweise für Identitätsdiebstahl, Betrug, Erpressung oder zur Verbreitung von Desinformation.

Aufgrund der technologischen Entwicklung wird es immer schwieriger, KI-generierte Bilder und Videos zu erkennen. Habt ihr ein paar Tipps und Tricks, wie man sie vielleicht doch aufdecken kann?

Philip Perez

Philipp: In der Vergangenheit konnte man immer wieder kleine Fehler entdecken, sogenannte Artefakte, wie falsch dargestellte Hände, verzerrte Gesichter oder unnatürliche Proportionen. Auch Kleidung oder die Umgebung sind oft fehlerhaft gewesen: Knöpfen fehlte das Knopfloch, Muster waren unregelmäßig, nicht alle Lampen hatten Glühbirnen oder der Tisch hatte unterschiedlich geformte Beine. Die Tools zur Erstellung von „Deepfakes“ werden aber zunehmend besser, die Fehler immer weniger und unauffälliger. Damit wird es selbst für Fachleute immer schwieriger, diese Artefakte ohne technologische Unterstützung zu erkennen. 

Hanna: Um mit den Entwicklungen im Bereich „Deepfakes“ Schritt zu halten, wird auch kontinuierlich an technischen Lösungen zur Überprüfung der Authentizität digitaler Inhalte gearbeitet. Was aber jede:r immer machen kann: Die jeweilige Quelle des Inhalts auf Glaubwürdigkeit prüfen, in dem man beispielsweise versucht, andere vertrauenswürdige Quellen zu finden, welche die gleiche Information, aber vielleicht aus einer anderen Perspektive, zeigen. Und man sollte Aufnahmen in ihrem jeweiligen Kontext betrachten: Passt das, was die abgebildete Person sagt oder tut, zu ihrem sonstigen Verhalten?

Was mache ich denn am besten, wenn ich vermute, ein „Deepfake“ entdeckt zu haben?

Hanna: Wichtig zu wissen ist, dass „Deepfakes“ nicht automatisch illegal sind. Ist eine Person Inhalt des „Deepfakes“, wird aber womöglich gegen das Recht am eigenen Bild, das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das Urheberrecht verstoßen. Auch wenn sie beispielsweise Beleidigungen oder üble Nachrede enthalten, ist das strafrechtlich relevant. Entdeckt man „Deepfakes“ in sozialen Netzwerken, auf Webseiten oder bei Suchmaschinen, sollte man sich an die entsprechenden Anbieter wenden und den jeweiligen Inhalt melden. Die sind nämlich größtenteils seit 2022 dazu verpflichtet, rechtsverletzende Inhalte zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen. Auch eine Anzeige bei der Polizei ist in diesen Fällen möglich und sinnvoll.

Philipp: Wenn es um mögliche Desinformationen geht, kann man sich auch an sogenannte „Faktenchecker“ wenden. Die dahinterstehenden Redaktionen gehen dann solchen verdächtigen Inhalten nach. Empfehlen kann man hier zum Beispiel Correctiv, den dpa-Faktencheck, den ARD-Faktenfinder oder den #Faktenfuchs vom Bayerischen Rundfunk.